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Daniel Ambühl  Bildweg   Baden  1997

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x Augenblicke der Taufe

 

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XInhalt

 

Einleitung : Baden Im Fluss >

1. Der Augenblick der Schöpfung 
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2. Jonahs Weg in die Welt
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3. Die Arche Noah
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4. Auszug aus Ägypten
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5. Moses und die Kindermörder 
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6. Susanna und die Richter
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7. Johannes und der König
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Einleitung

Baden im Fluss

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Baden heisst ja bekanntlich Baden, weil - von tief unten in der Erde - wohltuendes warmes Wasser sprudelt, uns beim Bade kräftigt und unsere geplagten Körper und Nerven heilt.

Aus einer anderen Quelle aber, aus noch viel tieferen Schichten, aus dem Geheimnis des Menschen selbst, wird das "Tauchbad" gespiesen. Tauchbad ist der ursprüngliche Name dessen, was die Christen Taufe nennen.

Juden gehen ins Tauchbad vor allen grossen Festtagen und vor jedem Sabbat, um sich bereitzumachen für die grosse Freude des Lebens. Christen gehen vor dem grossen Festtag, dem Leben selbst, ins Tauchbad; sie werden getauft auf die Einzigartigkeit ihres Namens und gesegnet mit der Erfüllung dieses Namens in der Zeit und mit der Zeit.

Nicht um eine hygienische oder medizinische Massnahme handelt es sich also bei diesem Gang ins Tauchbad, sondern um das Untertauchen in die Zeit des Lebens in dieser Welt. Wasser, das Fliessende, und die Zeit, die Fliessende, wurden seit jeher in einen Zusammenhang gebracht. Der Gang ins Tauchbad, die Taufe, bedeutet also, sich der Welt, der Zeit und ihrer Erfüllung ganz hinzugeben.

Die jüdischen Tauchbäder sind so gebaut, dass eine steile Treppe zu einem Becken hinunterführt. Auf der untersten Stufe angelangt, steigt man dann ins Wasser und taucht ganz unter. Ganze Hingabe. Doch wie lange halten wir das aus? Wie lange könnte wir den Atem anhalten? Wie lange kann sich die Seele, unser Atmen, verborgen halten? Ganz wesentlich zu diesem Tauchgang gehört das Wieder-Auftauchen, das Zurückkommen aus der Versunkenheit und das Heimkehren.

Die Zeit ist ständig im Fluss. Nur für einen Augenblick können wir ihr Fliessen anhalten und wahrnehmen, was ist. Im nächsten Augenblick müssen wir das Wahrgenommene schon wieder hergeben und Raum schaffen für neue Tauchgänge in die Tiefen der Gegenwart. In jedem Atemzug schenkt sich uns die Welt hin, und mit jedem Atemzug schenken wir uns der Welt. Im Tauchbad erleben wir den Augenblick der Hochzeit von Ein- und Ausatmen, von Hingabe und Hinnahme; die Hochzeit von Gegenwart und Ewigkeit.

Haben wir - manchmal - ein paar Augenblicke Zeit, ein Tauchbad in die Welt zu nehmen? Ein paar Blicke ihr zuzuwerfen, Liebesblicke, keusche, die sie nicht entkleiden und nicht für die eigenen Gelüste zu missbrauchen trachten?

Gerade dieses Hinschauen, dieses Staunen ob der Welt verschlägt uns manchmal den Atem - wie im Tauchbad. Es ist die Taufe mit den Wundern der Welt, mit ihrem Überfluss. In der jüdischen Überlieferung wird erzählt, dass alles Leid ein Überfliessen der Liebe ist, ein Nichtfassenkönnen der grossen Zuneigung, die uns der Herr des Überflusses schenkt. Macht uns das nicht zuweilen Angst, dass die Welt derart überfliesst, dass sie uns immer wieder davonfliesst und uns mit nichts zurücklässt? Die Welt geht im Überfluss unter, im Überfluss des Leides, das doch Liebe und Glück sein wollte. Ist Untergang aber nicht Taufe, Tauchbad? Damit die Welt nicht nur an uns vorbeifliesst, müssen wir in sie eintauchen, uns um sie kümmern, sie in uns aufnehmen mit all ihrem Leiden und Verzweifeln.

Als noch niemand in Baden badete, floss dort schon die Limmat. Die Badener haben es geschafft, aus diesem Fluss einen Ort, eine Heimat zu machen, eine Brücke zu bauen über das Fliessen der Welt und so eine Gemeinschaft zu gründen, die sich um das Andere, die Welt und ihre Sorgen kümmert.

Martin Heidegger beschreibt denn das Leben auch als ein "Sorgen": Besorgen im Sinne eines Tuns und Veränderns, eines Bestellens des Ackers. Sorgen aber auch im Sinne eines Kümmerns und Nachdenkens.

Das Gleichnis des Tauchbades weist uns auf eine wesentliche Gegebenheit hin: Der Mensch ist zwar in der Welt - er soll auch in das Wasser der Zeit hineingehen -, doch er ist nicht von dieser Welt. Er trägt in sich eine zweite, entscheidende Bestimmung: die des Atmens. Was atmet er denn, was nimmt er auf, das nicht aus dieser Welt des Wassers stammt? Das Sanskritwort "Atma" bedeutet "Selbst", "Wesen". Das ewige, wesentliche Selbstsein eines jeden Dinges und eines jeden Menschen wird bei jedem Atemzug aus dem weiten Raum des Unsichtbaren geholt und - im Tauchbad - im Inneren verborgen gehalten.

Das Wesen kann nicht ausgesprochen werden unter Wasser. Der Name wird vor der Taufe ausgesprochen, das Leben danach gelebt. Das Tauchbad als Weihe zum Menschen wird nicht in Worten vollzogen, sondern im Erleben und der Hingabe. Wir hören unseren Namen rufen, aussprechen aber tun wir ihn selber mit unserem eigenen Leben. Unser Name können wir nur sein. Das ist das Erlebnis und die Weihe der Taufe, des Tauchbades.

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Station 1 Der Augenblick der Schöpfung  

Im astrologischen Jahreslauf stehen wir im Zeichen der Fische. Zwei Fische stehen sich gegenüber, schwimmen aber gleichsam in verschiedene Richtungen oder vielmehr im Kreise, ohne aber den Bezug zueinander zu verlieren. Sie erinnern uns darin an unsere Augen, die, das gleiche betrachtend, doch dieses von zwei verschiedenen Seiten her berühren.

Bei der Schöpfung werden zwei Welten erschaffen: Himmel und Erde, das Innere und das Äussere. Der Blick Gottes verbindet die beiden zu einer Welt; es ist der Augenblick der Liebe. Die Schöpfung ist die Liebe des ersten Blickes.

Der Mensch könnte in seinem Schauen diesem Blicke Gottes gleichen. Ein Auge würde seinen Blick in die Welt werfen, offen sein für ihre Sorgen und Freuden; das andere seinen Blick nach Innen kehren, gleichsam schweigend schauend der inneren Stimme zuhören, die ihm die Geschichte zum äusseren Geschehen erzählt.

Wenn wir das schweigende Auge vergessen, wird das andere - zyklopengleich - zum Späher. Es ist ein Blick, als ob der Mensch auf etwas zielte. Abwägen, Messen und Abschätzen ist die Stärke dieser Sicht. Distanziert, als gelte es, die Entfernung zur Welt zu messen. Es ist kein Blickkontakt mit der Geliebten, sondern ein kühler Blick des Musterns, ein Blick des Kalküls. Es ist der Blick des Jägers, der die Welt erlegen will, aus Angst, sie zu erleben.

Unser unverbindliches Schauen muss ins Tauchbad gehen, um ein verbindliches zu werden. Jeder Augenblick der Schöpfung wird dann zu einer Augenweide, auf der wir die Herde des Geschehens umsorgend hüten. Erst wenn wir der Welt näherkommen, geht sie uns auch nahe. Dann sind wir auch berührt von dieser Welt des Freuens und des Leidens, dieser Welt des Fliessens auch der Tränen, die dann zum Tauchbad werden für unser Schauen in die Welt.

 
Station 2 Jonahs Weg in die Welt  

Um das eine, offene Auge nicht im Kalkül verkümmern zu lassen, muss das andere, das nach Innen gekehrte, mit ihm mitgehen auf dem Weg in die Welt. Wer ist dieses andere Auge?

In einer biblischen Geschichte wird diese Frage beantwortet: Es heisst dort Jonah.

Die Bestimmung des Auges namens Jonah ist - heisst es dort -, dem anderen Auge zu eröffnen, dass alles von ihm Wahrgenommene, die ganze Welt in ihrer Vielfalt, untergehen wird. Doch Jonah verschliesst sich dieser Bestimmung. Er flüchtet in eine Welt der (schein-)heiligen Harmonie und nimmt Wohnung in der geordneten Ruhe innerer Werte, die aber, völlig abgeschottet und ohne Fenster zur äusseren Welt, Werte eines Bunkers und nicht Werte eines lebendigen Hauses sind.

Plötzlich aber bricht der Schrecken der Welt, die Qual der Kreatur in seine Geschlossenheit. Und was tut ein Auge im Moment des Schreckens? Es öffnet sich weit und sucht nach der Bedeutung des Geschehens. Dem Auge Jonah wird nun das Geheimnis der beiden Augen offenbart. Die nach innen gekehrte Sicht wendet sich nicht ab von dieser Welt; sie erfüllt sie mit dem Atem aus dem Unsichtbaren. Die nach aussen offene Sicht erkennt die begrenzte Tiefe ihres Blicks; sie geht im Tauchbad unter und entsteigt ihm verwandelt im Namen ihrer Ewigkeit.

All dies wird dem Jonah von einem grossen Wal erzählt, der ihn auf Tauchgang mitgenommen, mit ihm gleichsam ins Tauchbad gestiegen ist. Beide kommen wieder hoch, der grosse Wal wirft Jonah wie einen strengen Blick ans Land und bläst ihm seine Luftfontäne zum entschiedenen Abschiedsgruss.

Das Auge Jonah geht zum andern hin und sagt ihm leichten Herzens nun: "Alles, was Du siehst, ist endlich. Das ist ein Grund der grossen Freude, denn die Leiden und die Qualen haben so das Mass der Gnade und Barmherzigkeit. Das Leben hier im Fluss der Zeit ist geheimnisvoll geborgen im Schutz der Ewigkeit."

 
Station 3 Die Arche Noah  

Das Mass der Gnade und Barmherzigkeit ist in unsere Hände gelegt. Wir können begrenzen - dadurch, dass wir Begrenzung wünschen. Begrenzung von Leid und Qual, aber auch Begrenzung unseres eigenen Seins in die Bestimmung unseres Namens, unseres "Genau-So-Seins".

Die Welt ist überflutet nicht nur von Leiden und Sterben, nicht nur von Informationen und Daten, sondern auch von Möglichkeiten. Wo ist genau meine Möglichkeit? Freiheit und Begrenzung sind nicht Feinde. Im Gegenteil: sie sind sich angetraut. Die Freiheit sucht sich ihre Begrenzung, um möglich zu sein. Unfrei ist derjenige, der nicht Sich-selbst sein möchte und in einer Sintflut von ungelebten Möglichkeiten versinkt. Unfrei ist auch derjenige, der nicht mit dem Nächsten sein möchte und deshalb in der Sintflut von ungelebten Beziehungen untergeht.

Alle Möglichkeiten, alle Tieren und Pflanzen und Namen und Dinge, sind in der Arche Noah bewahrt. Wie ein Setzkasten aus Pappbuchstaben ist jedes mögliche Wort in ihm enthalten. Doch wo sind die Geschichten? Wo sind die begrenzten, die einzigartigen und vor allem auch endlichen Geschichten? Noah schickt, als der grösste Regen der Sintflut nachlässt, seine liebste Taube, die er gehütet hatte wie seine beiden Augäpfel, in die Weite hinaus, um Land zu suchen. Land, die eine ganz bestimmte Möglichkeit des Lebens freigibt, einen Flecken, der dem unendlichen Meere eine Insel des lebendigen Daseins abringt. Es sind diese Inseln Farbflecken auf der weissen Weste unseres Untätigseins.

Dieses Ausfliegen der Taube, diese Hingabe an eine genau mir zugedachte Möglichkeit des lebendigen Tuns: das ist die Taufe, das Tauchbad. In das Endlose des Meeres steigt der Mensch hinein, in der Bestimmtheit seines Namens entsteigt er ihm. Dazwischen ist der Flug der Taube, nicht geprägt von Sicherheit, sondern von Vertrauen.

 
Station 4 Auszug aus Ägypten  

Vertrauen ist die Grundhaltung, die den Menschen im "Zustand Ägypten" aus seiner Gefangenschaft befreit. Der "Zustand Ägypten" bedeutet in der Bibel das Leben in Zwang und Starre. Die Begrenzung hat sich von der Freiheit distanziert und sich selbst zum Gesetz erhoben. Der Mensch möchte sich - aus Liebe - der Welt hingeben, sich um sie kümmern und sie tätig zum Guten kehren. Sobald aber die Hingabe sich in Zwang verwandelt, nimmt die Welt und ihre Zeit den Menschen in ihren Würgegriff.

Es ist dies der Augenblick des Untertauchens im Tauchbad. Ganz in der Welt, ganz versunken im Wasser der Zeit muss der freie Fluss des Atems innehalten. Doch wie lange ist das möglich? Die Taufe endet mit dem Auftauchen, so wie die Sintflut mit dem Finden eines Flecken Landes endet. Der Auszug aus Ägypten führt in den Durchbruch zum Gelobte Fleckchen Land, das uns Gott zugeeignet hat.

Der Tod, das starre Gesetz, die "schlechte", die schreckliche Endlichkeit des "Einfach-Fertig-Seins", des "So-ist-es-und-nicht-anders" nimmt den Menschen in den Würgegriff und schnürt ihm die Kehle zu. Kann er da noch frei reden, frei singen, frei fragen? Jede starre Ordnung, jeder Zeitgeist tut das mit dem Menschen. Eine Autobahn von selbstverständlichen Unterwerfungen, von eingeübten Konventionen und Grausamkeiten hat den Fluss verklebt mit Teer. Ölpest auf dem Wasser des Lebens.

Wo ist ein Durchbruch aus diesem "Zustand Ägypten"? Ein Fischer steht neben dieser Fratze des erstarrten Lebens und wirft seine Angel aus - zur Autobahn hin? Nein, er sieht keine Autobahn, er sieht immer noch den Fluss, den verborgenen, der da fliessen soll. Er fischt die untergegangenen Hoffnungen und Wünsche auf das Leben im eigenen Namen aus den Tiefen der menschlichen Seele und führt sie ins Gelobte Land. Nicht unsere Leistung führt uns aus Ägypten, sondern der "aus der Zeit Gefischte", Moses.

 
Station 5 Moses und die Kindermörder  

Moses wird geboren, als der Befehl ergangen ist, alles kindlich Freudige, offen Vertrauende und frei sich Äussernde im Menschen zu vernichten. Doch Moses wird gerettet. Sein Name bedeutet der "aus der Zeit Gefischte", das heisst also auch der "der Kausalität Enthobene". Ist dies nicht ein Kind par excellence? Das Kind im Menschen wird in Moses gerettet. Er wird von seiner Mutter in ein Kästchen verborgen und dem Wasser übergeben. In seiner Nachfolge wird jedes Kind nun in der Taufe vor den Kindermördern geschützt. Ein innerster, zarter Kern des Menschen wird aus der Kausalität herausgeholt und in eine Gemeinschaft aufgenommen, wo er nun - keiner Logik mehr unterworfen - jeden Augenblick das glauben und lieben darf, was er nicht sieht und nicht zu sehen braucht.

Der Mensch steigt in das Tauchbad der Hilflosigkeit, in ein Wechselbad der Gefühle von Verzweiflung und Hoffnung und wird an der anderen Seite des Flusses von Lebensbedingungen aufgenommen, die vorher nicht möglich schienen.

Moses wird nämlich von der Tochter des Pharaos, der den Befehl der Kindertötung erteilte, aus dem Wasser geholt und als ihr eigener Sohn angenommen. Weil sie ihn selber nicht stillen konnte, wurde eine Amme gesucht. Das Unmögliche geschah, denn die Amme war Moses eigene, leibliche Mutter.

Moses trägt das Gelingen des Überganges von der Kausalität in die Freiheit der unmöglichen Liebe in seinem Namen. Er ist Bürge jeder Taufe: dass nach dem völligen Eintauchen auch das Herausgeholtwerden folge. So führt er als Garant des Gelingens die Hebräer aus Ägypten ins Gelobte Land. Zu Moses redet Gott; zum Kinde im Menschen redet Gott, weil dieses Glauben und Hoffnung sieht, wo die Welt nur noch Abgrund wähnt. Naiv? Vielleicht auch einfach ungebrochenes, unverbogenes Lebensgefühl, das Kinderlachen und Kindergeschichten der Rhetorik des Kalküls entgegenhält.

 
Station 6 Susanna und die Richter  

Die Taufe ist eine wunderschöne Sache. Der Mensch verbindet sich mit der Welt und zieht sie, indem er selbst aus der zwingenden Kausalität herausgezogen wird, mit sich mit. Bedeutet dies aber, das er nun über der Welt steht? Über der Masse der in der Zeit Versunkenen?

Eine weitere Geschichte aus der Bibel erzählt von Susanna. Diese, eine Frau in der Blüte ihrer Schönheit, bereitet sich im Garten ihres Hauses zu einem Frühlingsbade. Sie ist ganz allein. Nein, nicht ganz. Zwei alte Richter, die schon lange Susannas Schönheit argwöhnisch, aber in den verborgenen Kammern ihres Herzens wollüstig betrachtet haben, lugen über den Gartenzaun, unbemerkt von ihr und unbemerkt von unliebsamen Zeugen.

Plötzlich bricht die Schamlosigkeit aus ihren Herzen, und - Susannas intime Ungeschütztheit ausnützend - wollen sie sie zwingen, sich ihnen hinzugeben. Doch Susanna weigert sich. Erzürnt über diese freche Zurückweisung ihrer richterlichen Autorität sinnen sie auf Rache. Susanna soll als Verführerin gesteinigt werden. Daniel aber, der in seinem Namen bezeugt, dass Gott sein Richter sei, überführt die zwei falschen Richter des Meineides.

Die so stark ersehnte, aber sich selber nicht gegönnte Freundschaft mit der Welt verbittert die zwei Richter. Zu stark sind sie im Gesetz gefangen, im Gesetz und Glauben auch, Gerechte, Getaufte zu sein. Das Gefühl, gerecht zu sein, gaukelt ihnen vor, berechtigt zu sein, die ganze Welt zu zwingen. Mit ihrem Richterspruch über die Welt wollen sie diese gefügig machen.

Der Gang ins Tauchbad ist für jeden Augenblick. In die Welt eintauchen, aus ihr verwandelt emporsteigen: das geschieht in jeder Gegenwart. Taufe bedeutet, in jeder Gegenwart nackt vor Gott zu stehen und unseren Namen von ihm zu empfangen.

Daniel, "mein Richter ist Gott", ist nicht einfach ein weiterer Richter in dieser Geschichte. Er bezeichnet ein Gefühl im Menschen: Teilen ist Sache des Menschen, Urteilen Sache Gottes.

 
Station 7 Johannes und der König  

Wir teilen das Erlebnis der Taufe mit allen Menschen. Letztlich ist unsere persönliche Taufe aber immer nur Teilhabe an der grossen Taufe: diejenige von Jesus, der in seinem Namen die "Hilfe Gottes" trägt. Er wird von Johannes getauft, dessen Name "Gott ist Gnade" bedeutet. Im Bild ist er mit einer Königskrone dargestellt. Ein König muss es sein, der den König der Welt tauft. Und an dieser Namensgebung für den Erlöser der Welt dürfen wir mit unserer Taufe teilhaben. Nehmen wir dann nicht auch teil an dieser "Hilfe Gottes"? Ist dann nicht all unser Tun mit dieser Hilfe verbunden? Könnten wir - selbst, ganz aus der Grösse unseres Individuums - uns oder gar der Welt Hilfe bringen? Ganz hilflos ist der Mensch, und Taufe das Zeugnis, diese Hilflosigkeit in die Hände Gottes zu legen, dass sie dort aufgehoben sei.

Tauchbad ist letztlich das Untergehen der eigenen Person. Nicht, dass sie nicht mehr aus dem Wasser stiege, dass sie sich dort vollständig auflösen würde wie in scharfen (Er-)lösungsmitteln. Doch das Schlüsselereignis, dass es nicht nur um die eigene Person, das eigene Wohl und die eigene Befreiung gehe, öffnet jeden Augenblick auf das Geheimnis der Taufe: Zusammen wollen wir zu unsrem Vater beten, zusammen wollen wir, dass sein Wille geschehe und nicht unser, zusammen wollen wir auch um das Brot für den heutigen Tag bitten. Nicht nur für uns.

Ist es aber möglich, sich einfach so zu vergessen? Seine Wünsche aufzugeben für das Wohl des Nächsten; seine Befreiung aufzugeben für diejenige des Anderen? Forschten wir in den Tiefen unserer Wünsche, sähen wir dort genau das liegen: die Sehnsucht, teilzuhaben am Hilfesein für die Welt und gleichzeitig ein Vertrauen, darin nicht verloren zu gehen. Die Taufe ist ein Versprechen dafür.

Im achten Bild wird der Welt das Kind des Lebens geschenkt. Könnte es nicht sein, dass die Frau mit Ihrem Kind in diesem stillen Augenblick von den sieben Geschichten träumt, von denen jede ein paar Linien bildet ihrer eigenen Gestalt?

Text : Thomas Primas und Daniel Ambühl
Copyright: Steintisch Verlag Zürich 1987

 

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